Argentinien
- Chile 97
Das Buch: 22 €
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Im folgenden ein Auszug
aus:
"Rad & Bike Südamerika", Reise – Know
– How , 1998
Jens Ulrich Groß und
Cordoba - Villa
Dolores - Bajo Hondo - Chepes - San Juan - Calingasta - Barreal - Uspallata -
Mendoza - Uspallata - Paso Bermejo - Los Andes - Cabildo - La Ligua - Zapallar
- Valparaiso - Villa Alemana - Limache - Tiltil - Santiago de Chile
Vom spannendsten Teil der
Reise berichtet der folgende Beitrag.
Mit den Fahrrad in den Anden
(.... San Juan - Callingasta - Uspallata - Mendoza - Uspallata - Paso
Bermejo .... )
Seit Tagen fiebern wir den Anden
entgegen, nun, da San Juan seit einigen Stunden in unserem Rück liegt ist es
nicht mehr weit. Anfangs sind es einfache Berge zwischen denen sich ein mehr
oder weniger breites Tal mit einer Asphaltstraße windet. Dann werden die Berge
höher und die Straße schlechter. Ein Schild läßt uns erahnen, daß die weitere
Strecke etwas schmaler wird. Hier herrscht Einbahnstraßenverkehr!. Von .... bis
... ist die Richtung von San Juan nach Calingasta freigegeben. Von .... bis ...
kommt der Gegenverkehr angerollt. In den Nachtstunden - da soll man eben
aufpassen und vorsichtig fahren. LKW- Wracks am Fuße von über 100 Meter hohen
Steilwänden belegen, daß nicht jeder hier die Kurve kriegt. Radfahren am Tage
ist allerdings nicht so gefährlich. Der Verkehr ist hier so spärlich, daß man
mit dem Rad ohne großes Risiko auch gegen die offiziellen Festlegungen fahren
kann. Die Landschaft ist gigantisch. Hohe Bergwände ragen beidseitig der
Schlucht empor, die der Rio San Juan hier ins Gestein gegraben hat. Ein kleiner
Paß führt uns an die 300 Meter in die Höhe und erlaubt uns phantastische
Ausblicke. Unscheinbar klein leuchtet tief zu unseren Füßen das braune Band des
Rio San Juan. Gegenüber fließen gewaltige Geröllströme von Verwitterungsgestein
die Bergflanken hinab. Die Vegetation ist mager. Außer Kakteen ist nur in
unmittelbarer Ufernähe noch wohltuendes Grün von Gras und Sträuchern zu sehen.
Vor uns öffnet sich bald das weite Calingastatal, das uns erstmalig den Blick
auf den weiß gekrönten Andenhaupkamm frei gibt. Hier tummeln sich Pferde und
Ziegen in einer üppigen Graslandschaft des Hochgebirgstal.
Bald ist die Kleinstadt
Calingasta erreicht, in der emsiges Treiben herrscht. Wir können uns mit allem
Notwendigen versorgen, sogar das Campinggas ist kein Problem. Am nächsten Morgen
folgen wir der Straße die sich westlich des Flusses durch das Hügelland windet.
Das ist zwar die anstrengendere, aber auch schönere Variante. Immer wieder
können wir von den Kuppen herrliche Ausblicke auf die Cordilliera de Ansilta
und den von Pappeln gesäumten Flußlauf genießen. Bald fahren wir dann auch
durch Ortschaften, von deren Existenz uns unsere Karte nichts verriet. Vor
Barreal tauchen wir in den Schatten langer Pappelalleen wo sich schon gemütlich
radeln läßt bevor wir die in Grün gebettete Ortschaft erreichen.
"Uspallata 109
km" - dieses Schild hinter dem letzten Haus reißt uns aus dem gemütlichen
Trott der letzten Kilometer. Vor uns verliert sich die leicht ansteigende
Asphaltpiste im Dunst der flimmernde Mittagshitze, die uns wie ein Hammer
entgegen schlägt. Kein Baum, kein grüner Busch ist in dieser Richtung, die die
unsere ist - zu sehen. Nur mickriges bis kniehohes Gesträuch ist auf den
monoton endlos scheinenden Geröllflächen verstreut. Was werden uns diese
Kilometer bescheren. Noch können wir uns mit einen Wasserschlauch Arme, Beine
und Gesicht abspritzen, Trinkflaschen füllen. Doch nach wenigen Kilometern
werden auch die in Wasser getauchten Mützen knochentrocken sein, wo werden wir
neue Erfrischung finden?
Fast unmerklich aber ständig
steigt die Straße an und läßt unsere Beine Stunde um Stunde schwerer werden.
Auch die Rast an einem halb verlassenen Hof (es sollte der Einzige auf der
ganzen Strecke bleiben) bringt nur für kurze Zeit neuen Elan. Ein leichtes,
immer stärker auffrischendes Lüftchen, das dort her kommt, wo wir hin wollen,
läßt unsere Geschwindigkeit immer weiter sinken. "Komm Jens - wir machen
eine Pause! Das hat doch keinen Zweck, wenn wir jetzt mit 13/14 km/h hier lang
strampeln. Gegen Abend radelt es sich sicher wieder besser." Mein
Vorschlag findet ungeteiltes Echo, doch nach einiger Zeit müssen wir erkennen,
das sich der Wind anders entwickelt als wir dachten. Kräftige Sturmböen blasen
uns Sand ins Gesicht und lassen die Gedanken an eine Weiterfahrt schnell verfliegen.
Als auch mit Sonnenuntergang ehr das Gegenteil einer Wetterberuhigung zu
verzeichnen ist, beginnen wir Steine zu suchen, um unser Zelt für die Nacht zu
sichern. Schon unsere ersten zaghaften Versuche zeigen uns schnell wie niedlich
die Erdnägel im Vergleich zu dem kräftigen Sturm sind. Erst als wir fast alle
Packtaschen im Zelt haben können wir es am Wegfliegen hindern und einigermaßen
am Boden halten. Fast ein Zentner Steine sichert dann alle Schnüre und wir
können nur noch hoffen das der Zeltstoff nicht zerfetzt, während wir versuchen
trotz der laut knatternden Zeltplanen Schlaf zu finden.
Bei nur noch leichten Wind
fahren wir am nächsten Morgen durch ein sehr breites, unendlich weites
Hochgebirgstal. Es scheint in den vergangenen Jahrtausenden förmlich ertrunken
in dem Gesteinsschutt der verwitternden Gebirgskämme, die heute nur noch in
großer Entfernung am Rand emporragen. Exakt 40 km hinter Barreal ist die
Provinzgrenze und das Ende der Asphaltstrecke erreicht. Auf der nun beginnenden
Schotterpiste zieht ein einsames Fahrzeug fast eine halbe Stunde lang eine
kilometerlange Staubwolke hinter sich her, die den weiteren Verlauf unseres
Weges markiert. Stundenlang fahren wir durch die kolossale Monotonie, wo ein
zischender Plattfuß fast ein willkommene Abwechslung ist und die schnurgerade
Piste an ihrem scheinbaren Ende einen kleinen Knick beschreibt um sich danach
wieder in der Ferne zu verlieren. Die anschließende Abfahrt nach Uspallata ist
kein besonderer Genuß, da selbst die breiten Reifen unserer MTB in den häufig
losen Geröllabschnitten stecken zu bleiben drohen.
In den betriebsamen
Örtchen, das vor allem in den Ohren der Bergsteigerfreeks einen besonderen
Klang hat, buhlen Gaststätten um die Gunst potentieller Gäste. Da es hier nicht
das heiß ersehnte "grilled Asado" gibt, begnügen wir uns mit dem was
im Lebensmittelladen feil geboten wird. Frisch gestärkt bepinseln wir ‘zig
Ansichtskarten, um unser Lieben daheim mitzuteilen, das es uns
"saugut" geht und unser Tatendrang ungebrochen ist. Doch wie weiter?
Geplant war eine Runde Uspallata - Mendoza- Uspallata. Über die Panamerikana in
die argentinische Weinmetropole hinab und dann über Villavicencio und den 3000
m hohen Paso Cruz de Paramillo zurück. Doch bereits in Calingasta erzählte man
uns, das die Straße über Villavicencio gesperrt sei. Das Ergebnis der Nachfrage
in den beiden Touristenbüros Uspallatas, ob die Strecke wenigstens mit dem
Fahrrad passierbar ist, war deprimierend. "Oh nein - das geht auf gar
keinen Fall. In der letzten Zeit hat es hier viel geregnet und die Straße wurde
an mehreren Stellen verschüttet oder weggespült." entgegnet uns die
attraktive Argentinierin, die wohl wenig Verständnis für unsere Pläne hat.
Betreten sehen wir uns an. Was sollen wir nun tun?
Auf der Hauptstraße nach Mendoza
und den gleichen Weg wieder zurück? So schön kann Mendoza gar nicht sein.
Gleich weiter nach Chile? Dafür ist es noch zu früh. Wir sind erst 14 Tage
unterwegs und hinter den Anden ist es bis Santiago nicht mehr weit.
"Mensch Lutz, vielleicht haben die hier nur die Anweisung zu sagen die
Straße ist total gesperrt, aber das gilt vielleicht nur für Autos und mit dem
Fahrrad geht´s evtl. doch" sät Jens ein Samenkorn der Hoffnung. "Wir
haben doch Zeit, wir könnten es doch probieren." "Und was ist wenn
nicht? Dann sind wir wohl die ersten Beknackten die sich nur wegen einen in der
Literatur vielgerühmten Ausblick auf den Andenhauptkamm mit dem Fahrrad auf
eine 3000er Paß quälen, um denn die gleiche Strecke wieder zurück zu
rollen." Wir vertagen das Problem auf den nächsten Morgen und jeder
schläft mit seinen Gedanken ein. Keiner nimmt das kratzende Geräusch am
Zeltboden ernst, das mal von dieser Ecke und dann von der anderen Seite zu
kommen scheint. Erst am Morgen werden wir gewahr, daß einige Skorpione an unserer
Behausung nagten.
Trotz aller Warnungen und
einem großen "Sperrschild" starten wir auf der Nordroute (die
fälschlicherweise in den meisten Karten als die Hauptverbindung eingezeichnet
ist) von Uspallata nach Mendoza. Unsere Gedanken drehen sich nur um eines:
"Werden wir hier durch kommen, oder ist die Straße auch für Fahrräder
unpassierbar." Auf der asphaltierten Straße verlassen wir schnell die
grünen Pappelalleen Uspallatas Langsam steigt die Straße zwischen kargen
Berghängen, die in vielen Farbschattierungen leuchten empor. Mit jeden Meter
Höhe ändert sich bietet sich eine neue Aussicht auf die beeindruckende
Bergwelt. Nach ca. 10 km weicht der Asphalt unter unseren Reifen einer mehr
oder weniger guten Schotterpiste. Wir haben schon fast 2500 Meter Höhe
erreicht, als uns ein kleines Auto entgegen kommt. Wir stoppen den Fahrer und
überschütten ihn mit einer Flut von Fragen, die sicher kaum zu verstehen ist,
und sprechen zusätzlich mit Händen und Füßen. Doch auch uns kommt nur ein
spanischen Wortschwall entgegen, aus dem wir dann ganz deutlich die Worte
"Si, Si, Mendoza." heraus hören können. Freudig liegen wir uns in den
Armen - die Straße ist passierbar - wir müssen nicht wieder umkehren. Mit neuen
Elan bewältigen wir die restlichen 500 Höhenmeter. Am Paso Cruz de Paramillo
(3020 m) genießen wir die herrliche Aussicht auf den schneebedeckten
Andenhauptkamm mit seinen höchsten Gipfeln, den Aconcagua und Mercedario. Der
Tupungato ist im Gegensatz zu den Aussagen einiger Reiseführer von hier nicht
zu sehen, eine leichte Erhebung versperrt die Sicht in diese Richtung.
Nur für kurze Zeit können
wir die Abfahrt bei gemächlichen Gefälle genießen, dann ähnelt die Piste immer
mehr einem ausgetrocknetem Flußbett. Unsere Räder versinken immer wieder in
10-15 cm dicken lockeren Geröllschichten. Es ist kein Weiterkommen, selbst
schieben ist eine Qual. Zum Glück hält sich die Länge dieses Abschnittes in
Grenzen und die Räder rollen wieder freier durch welliges Profil. Dann wird vor
uns der Blick frei auf die fast 2500 Meter tiefer liegende Ebene von Mendoza.
Dazwischen liegen über 360 Serpentinen, die sich durch eine beeindruckende
Berglandschaft winden. Das Kurhotel im 1700 Meter hoch gelegenen
Mineralwasserort Villavicencio ist schon seit einiger Zeit nicht mehr in
Betrieb, aber ein Restaurant lädt zum Verweilen ein. Als viel schöner empfinden
wir, daß ab hier die Straße wieder asphaltiert ist, auf der wir nun mit
rekordverdächtigem Tempo in die Ebene sausen.
In Mendoza (600 ) bekommen
wir nun endlich unser "grilled Asado", das in der Vorstadt sogar
recht preiswert ist. Für unser Drei-Gänge-Menue mit einer Flasche Wein zahlen
wir 26 Dollar/Peso für zwei Personen. Am Spätnachmittag verlassen wir die
Millionenstadt und suchen uns außerhalb ein Plätzchen fürs Zelt. Am Morgen
starten wir zeitig und fahren auf der großen Magistrale wieder zurück nach
Uspallata. Die Belästigung durch den Verkehr hätten wir uns schlimmer
vorgestellt. In der Regel werden wir als Verkehrsteilnehmer respektiert,
lediglich ein, zwei Busfahrer überholen etwas knapp. Die zu Beginn unseres
Jahrhunderts ebenfalls durch das Rio Mendoza-Tal gebaute Schmalspurbahn, die
auch noch in allen Karten verzeichnet ist, hat ihren Betrieb leider 1980
eingestellt. In Uspallata (1800) stärken wir uns noch einmal kräftig, um dann
dem Fleischland Argentinien den Rücken zu kehren. Vor uns liegt der schwerste
Abschnitt unserer Reise.
Verschwindend klein wirkt
die breite Straße, die sich vor uns in der gigantischen Felskulisse verliert.
Busse und Trucks wirken wie aus der Spielzeugkiste. Hier treffen wir erstmals
auf das Panamerikana Straßenschild. Leider geht es nicht immer kontinuierlich
nach oben. Kleine Abfahrten bescheren uns zwar kurzzeitige Erholung, aber diese
"verlorenen" Höhenmeter müssen später wieder von neuen erobert
werden. Je weiter wir in die Bergwelt eindringen, um so kälter und dünner wird
die Luft. Die kalten Fallwinde stemmen sich uns nun mit immer mehr Wucht
entgegen. Hinter dem großen LKW-Rastplatz von Punta de Vacas gibt das lange Tal
des Rio Tupungato den Blick auf den weißen Gipfel des 6570 m hohen Tupungato
frei. Im Wintersportort Los Penitentes haben wir schon 2580 m Höhe. An unseren
Tagesziel Puente del Inca bleibt der Höhenmesser auf 2700 m stehen.
Klimatisierte Busse spucken kamerabewaffnete Menschenmassen aus, die die 28
Meter breite Naturbrücke, die in allen denkbaren gelb-ocker-rost-Tönen
schillert, abzulichten. Auch uns beeindruckt das Gebilde, das von stark
schwefelhaltigen heißen Quellen so wunderschön eingefärbt wurde. Doch der
Trubel ist uns erst einmal zu viel. Im Windschatten eines großen Felsblockes
erholen wir uns vorerst von den Anstrengungen des Tages und besichtigen
unsererseits die heiße Quelle mit ihrem ehemaligem Badehaus als der Trubel
abgeklungen ist. In Puente del Inca hat sich gegen Abend ein kleines munteres
Häufchen von Bergsteigern angesammelt, die sich gleich uns um die wenigen etwas
windgeschützten Zeltplätze drängen. In der Dämmerung nehmen wir noch ein Bad.
Das heiße Wasser der Schwefelquelle läuft wie eh und je durch das Becken des
halb verfallenen Badehauses.
Als wir uns mit dem
Hellwerden aus den Schlafsäcken schälen, ist es bitter kalt. Erst ein heißer
Tee bringt uns wieder in Schwung. Es dauert seine Zeit ehe das ganze Gepäck auf
den Rädern verstaut ist. Wieder auf der Straße kommen wir nur langsam in Tritt.
Doch schon nach wenigen Kilometern stoppt uns die moderne Grenzstation. Dort
knallen ein paar Stempel in unseren Paß. Bürokratisch gesehen sind wir schon
aus Argentinien ausgereist. Ein Blick voraus, auf die gezackten Gipfel des
Andenhauptkammes belehren uns jedoch eines anderen! Also weiter tüchtig in die
Pedale getreten. Wir sind noch nicht wieder richtig in Schwung gekommen, da
kommt der lang ersehnte Augenblick. Rechter Hand öffnet sich das Tal und unser
Blick fällt auf eine schnee- und eisdurchsetzte, steile Felsflanke - der
Aconcagua - der höchste Berg Amerikas. Knapp 500 Meter weiter zweigt eine
Schotterpiste zum Nationalpark Aconcagua ab. Nach zwei Kilometern ist das
Nationalparkbüro erreicht, von wo es nur noch zu Fuß weiter geht. Leider ist
hier keine Lebensmittelversorgung mehr möglich und unsere Vorräte reichen nicht
für eine längere Wandertour. Wir entschließen uns deshalb nur für einen kleinen
Ausflug, damit wir noch am gleichen Tag die Grenze nach Chile passieren können.
Eine gute Stunde lang laufen wir, vorbei am leuchtenden Laguna Hermoso der
gigantischen Felswand entgegen. Hätten wir doch nur noch ein bißchen mehr Zeit!
So können wir nur noch ein paar sehnsuchtsvolle Blicke auf das Traumziel vieler
Bergsteiger werfen. "No climbing, ... working" diese Worte eines
Australiers, mit dem wir in Mendoza gefrühstückt haben, gehen mir durch den
Kopf, als wir schon längst auf den Rückweg zur Straße sind.
Gegen 13.00 Uhr haben wir
Las Cuevas, die letzte argentinische Ortschaft, in 3150 Meter Höhe erreicht.
Trotz Sonnenschein frieren wir im eiskalten Wind, der sich schon den ganzen Tag
uns mit Macht entgegen stemmt. In einer Gaststätte suchen wir Unterschlupf und
eine kräftige Stärkung für den nächsten Abschnitt. Es ist zwar höchstens nur
noch ein Kilometer bis zum Tunnel der das letzte Stück der Anden durchbohrt.
Für Radfahrer ist die Durchfahrt verboten und auch wenig ratsam. Das ist im
allgemeinen kein Problem, da für Radfahrer die Tunnel-Posten Lkws anhalten, auf
denen sie sicher auf die andere Andenseite kommen. Wir hatten uns allerdings
vorgenommen auf der alten Paßstraße über den Bermejo-Paß nach Chile zu
gelangen.
Schon die letzten Kilometer
vor Las Cuevas konnten wir zu unserer Linken an einer riesigen Bergflanke eine
zarte Zickzacklinie erkennen. Als wir dann auch noch bemerkten, daß sich
vereinzelt weiße, rote und blaue Punkte an dieser Linie nach oben und unten
bewegten wußten wir: das sind PKWs auf der alten Paßstraße, die zum Denkmal
"Christo Retendor" führt. Nun sitzen wir hier bei Schnitzel mit
Pommes und wissen nicht ob wir den Übergang wagen sollen und die Strecke
halbwegs passierbar ist. In der Tourist-Info von Mendoza hatte man uns
eindringlich gewarnt. Der Bermejo-Paß wäre auf chilenischer Seite nicht
befahrbar und der Grenzübergang an dieser Stelle illegal. Ein Reisehandbuch
Chile sprach dagegen von der Befahrbarkeit in den Sommermonaten! Unsere letzten
Zweifel verfliegen, als wir einen Schweizer Radfahrer treffen, der gerade aus
Chile kommt und sicher ist, daß man mit dem MTB die Strecke passieren kann.
Vor uns liegt eine
Schotterpiste, 7 bis 8 km Wegstrecke und scheinbar unendliche 700 Höhenmeter,
die sich gar nicht so schlimm anhören, wenn man dabei nicht auf den steilen
rotbraunen Berghang sieht, der vor uns in die Höhe ragt.
Durch das Torhaus von Las
Cuevas blähst der berühmt-berüchtigte scharfe kalte Fallwind der Anden. Nun
steht jeder für sich allein. Im Kampf gegen den Berg muß man nun seinen eigenen
Rhythmus finden. Ich versuche es mit kontinuierlicher, aber kleiner
Geschwindigkeit und wenigen Pausen, Jens fährt etwas schneller hält dafür öfter
an. Als wir auf halber Strecke eine gemeinsame Pause mit Nüssen und
Traubenzucker machen, blicken wir auf das weit unter uns liegende Las Cuevas.
Häuser, schwere Sattelschlepper, alles erscheint unwirklich klein. Gegenüber
ragt ein vereister Felsgipfel in die Höhe an dem sich die Sonne in einem
Glitzerreigen spiegelt. Schön sieht man von hier auf die Schlängellinie der
Schotterpiste herab, die sich in unzähligen Kurven zu uns herauf windet. Vor
uns ist das Ende noch nicht zu sehen. Mit magischen Kräften zieht mich der
"Bermejo" an. Wie weit ist es noch nach oben? Kann man den Paß
wenigstens bald sehen? Wie wird es auf der anderen Seite weiter gehen, wo wir
mit unseren schwerbeladenen Räder nach Chile wollen. Nun hält mich nichts mehr
- weiter, weiter, die Neugier auf das Kommende ist grenzenlos. Der eiskalte
Wind läßt mich bis ins Mark frieren, doch eine Pause um die winddichte Jacke
überzuziehen gönne ich mir nicht. Sicher radele ich so auch an manchen
interessanten Fotomotiv vorbei, doch der Drang nach oben ist größer. Als an
einer Serpentinenkurve mir der Wind mit besonderer Wucht entgegen schlägt,
steht das heiß ersehnte Schild "Bienvenidos al Monumento Cristo
Redentor" plötzlich fast greifbar vor mir. Ein Schauer fährt mir durch die
Glieder, der Tacho springt gleich ein paar km/h nach oben und nach einigen
kräftigen Tritten ist es geschafft. Der 3854 Meter hohe Paso Bermejo ist
erreicht! Wir haben es geschafft.
Auf dem
Bermejo-Paß zwischen Argeninien und Chile Foto:
Jens-U. Groß |
Nur undeutlich heben sich
auf chilenischer Seite die ins Tal führenden Serpentinen von dem
Verwitterungsgestein der Berghänge ab. Überall liegen Gesteinsbrocken ´rum.
Bomben die man vor rund 20 Jahren bei einem Grenzkonflikt hier abgeworfen hat,
rissen Krater in die Straße. Wir umfahren in Schlängelinien solche Hindernisse.
Ein Auto hat hier seit zwanzig Jahren keine Chance mehr! Als dann die Straße an
zwei Stellen fast vollständig verschüttet ist, müssen auch wir aus dem Sattel
und unsere Räder teilweise tragen. Als wir wieder auf der asphaltierten Straße
stehen ist der Weg, auf dem wir nach Chile gelangt sind kaum zu erkennen.
Spät am Abend erreichen wir
den Wintersportort Portillo. Kurz zuvor bekamen wir an der Grenzstation noch
unseren Einreisestempel in die Papiere gedrückt. Nur mit Mühe finden wir einen
halbwegs geeigneten Platz zum Zelten. Am nächsten Morgen geht es über zwei
faszinierende Serpentinenabschnitte ins Aconcaguatal hinab. Ohne Wehmut können
wir beobachten wie sich schwere Lastzüge durch die engen Kurven quälen. Wir können
lachen, für uns geht´s bergab. Immer wieder halten wir an um die einzigartige
Landschaft zugenießen. Als die Steilabschnitte hinter uns liegen, lassen wir
die Bremsen los und genießen den warmen Fahrtwind um die Nase in einer wieder
grüner werdenden Landschaft.
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